DDR Anhänger Ersatzteile:
Wolfram Nicolai und sein Team entwickeln bei Tegeder Neuteile für
Anhänger aus DDR-Produktion – und wissen für Schrauber guten Rat (Supertrabi 06-2021, von Olaf Seifert)
In Supertrabi-Ausgabe 100 stellten wir Anfang 2020 die Firma Tegeder aus Obergoseln vor. Die Resonanz auf den Artikel hat Berater Wolfram Nicolai positiv überrascht. Jetzt gibt es Neuentwicklungen von Produkten bei dem Betrieb aus der Nähe von Döbeln. Die Marke Tegeder ist seit Gründung 2009 erfolgreich im Ersatzteilhandel für Anhängerkomponenten tätig. Konkret werden Auflaufeinrichtungen, Achsen und Einzelteile international vertrieben. Nicht nur, weil das Unternehmen in Mittelsachsen zu Hause ist, auch sonst fühlt man sich Anhängern aus dem Osten besonders verbunden. Hier wird noch selbst gebaut, was drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall nirgends mehr lieferbar ist.
Tegeder staunt über Super-Trabi
„Man denkt gar nicht, wie viele eure Zeitung lesen. Wir hatten jedenfalls ungewöhnlich viele Anfragen, nachdem im März 2020 ein Beitrag über Tegeder in Supertrabi erschienen war”, freut sich Betriebschef Wolfram Nicolai.
Die Probleme der Leser klangen meist unisono: „Es gibt keine Ersatzteile mehr für Anhänger aus DDR-Produktion.” Namentlich Achsen wie die aus der ehemaligen Roßweiner Schmiede, Schwinghebel, Federstäbe, Bremsen oder komplette Auflaufeinrichtungen sind zunehmend gefragt. „Wo nichts ist, musst du es eben selber bauen”, sagt Werkstattleiter Michael Müller. „Inzwischen haben wir auf dem Gebiet viel Erfahrung. Fast immer können wir helfen, selbst wenn so mancher Kunde kaum mehr sagen kann, als dass seine Achse kaputt ist. Die Kunden schicken dann eine Skizze zu ihrem Problem oder kommen selber mit ihrer Achse vorbei.” Improvisieren wie zu DDR-Zeiten ist das eine, aber die Firma Tegeder arbeitet zusätzlich professionell und zuverlässig. Was die Sachsen aus Obergoseln bauen, funktioniert und ist natürlich mit Brief und Siegel zugelassen. Seit anderthalb Jahren arbeitet die Firma für die Prüfungen zum Beispiel mit der Technischen Universität Dresden zusammen, wo es einen Schwungmassenprüfstand gibt.
DDR Anhänger Ersatzteile für alle Typen
Erschwerend komme hinzu, so Müller, dass neben Anhängern der HP-Reihe auch jede Menge Eigenbauten unterwegs seien: „Da findest du die unglaublichsten Teile; vom Wartburg und Trabant bis zum Bootsanhänger mit ,Lada-Arsch’’. Anfragen kommen nicht nur hier aus dem Osten, sondern zunehmend aus Westdeutschland bis runter zur Schweizer Grenze, sogar aus Dänemark rief einer mit Bezug auf Supertrabi an.” Wer weite Wege bis Obergoseln fahren muss, trifft auf Entgegenkommen, findet, wenn nötig, nach Voranmeldung dort Hilfe auch am Wochenende. Freilich bleiben HP-Anhänger, Wohnwagen von Qek bis Bastei oder DDR-Bootsanhänger nur ein kleiner Teil des Firmenportfolios. „Das sind vielleicht zwei Prozent des Umsatzes, aber die Aufgaben sind spannend, weil du selber Lösungen suchen musst. Unser Anspruch ist, gerade Hobbybastlern zu helfen”, sagt Wolfram Nicolai, dessen Unternehmen Achsen und Auflaufeinrichtungen für alle namhaften Hersteller des In- und Auslands liefert. Die Tegeder-Kunden sind überwiegend Großhändler überall in Europa. Gleichwohl bleibt individuelles Arbeiten unverzichtbar, denn bei Tegeder bekommt der Kunde auch, was er in der Massenfertigung nirgends mehr findet.
Tegeder sitzt im sächsischen Großweitzschen bei Döbeln
Am Standort Obergoseln, gelegen im Dreieck zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz, beschäftigt die Tegeder Servicecenter GmbH fünf Mitarbeiter. Eigentlich könnten es doppelt so viele sein, aber gute Fachleute zu bekommen werde immer schwieriger: „Ich brauche keine Mechatroniker, sondern Leute, die Technik intuitiv verstehen.” Auch Corona habe nicht gerade geholfen, denn, so Nicolai: „Urlaub in Deutschland liegt zwar im Trend, aber die Camper legen keine weiten Strecken mehr zurück. Also ging auch weniger kaputt, es wurde über den Winter weniger repariert, weniger Teile waren gefragt.” Mit Beginn des Frühjahrs ziehe das Geschäft jedoch wieder an, der Winter habe bei vielen Anhängern Spuren hinterlassen: „Fahrzeuge gehen vom Rumstehen kaputt. Autos werden meist jeden Tag bewegt und fahren im Schnitt 15.000 Kilometer im Jahr. Ein Anhänger darf alle paar Monate rollen, ist selten mehr als 2000 Kilometer jährlich unterwegs. Da rosten die beweglichen Teile oft fest.”
Rübsam & Co. Metallwaren GmbH & Co. KG produziert Anhängerersatzteile in Deutschland
Die vom Tegeder Service Center entwickelten Achsen, Teile und Komponenten werden in der Mutterfirma Rübsam & Co. Metallwaren GmbH & Co. KG in Hünfeld bei Fulda gefertigt. Von dort komme Made in Germany zu einem sehr fairen Preis, betont Verkaufsleiter Heiko Däbritz. Seit 2019 ist Nicolais Betrieb nämlich Teil der hessischen Schneider-Gruppe. Für den Vertrieb und Vor-Ort-Service wurde die Firma als Tegeder Servicecenter GmbH neu ausgerichtet. Die Sachsen können die Ersatzteilversorgung durch die Rübsam & Co. Metallwaren GmbH & Co. KG somit nach eigenen Wünschen realisieren. Das mittelständische Unternehmen existiert bereits seit den 1950er-Jahren und stellt seit mehr als drei Jahrzehnten Fahrzeugteile für Anhängerfahrwerke her. Der Fertigungsbetrieb der Schneider-Gruppe in Hünfeld stellt mit einhundert Mitarbeitern dank einer sehr großen Fertigungstiefe eine vielfältige Produktpalette von der Schraube bis zum 1,50-Meter-Querträger her. Zusätzlich wurde vor zwei Jahren die R & Co. Fahrzeugtechnik GmbH gegründet, die sich um die Ersatzteilentwicklung für Anhängerfahrwerke kümmert. Die Montage eigener Ersatzteilauflaufeinrichtungen und -achsen erfolgt dann im mittelsächsischen Obergoseln.
Die Tegeder Servicecenter GmbH löst die Aufgaben für DDR-Anhänger und vieles mehr
Anfangs ließ Tegeder knapp 500 Silentbuchsen im Jahr für die Schwinge fertigen. Inzwischen sind es über 10.000. „Nachdem der Supertrabi-Artikel Anfang 2020 erschienen war, wurden wir nach allem Möglichen gefragt. In bestimmt sechzig Prozent der E-Mails und Anrufe ging es um scheinbaren Kleinkram. Federgummis, Radnaben, vor allem aber Silentbuchsen”, erinnert sich Verkaufsleiter Heiko Däbritz. „Eigentlich bloß ein kleines Teil, aber die Hobbyschrauber haben nicht das Werkzeug und bekommen es nicht hin. Deshalb schicken wir nicht einfach die Silentbuchsen raus, sondern sagen, was der Kunde beachten muss.” Aktuell umfasst die Ersatzteilliste für DDR-Anhänger gut zwanzig Positionen. Gefertigt werden Teile für alle Fabrikate, vom Bastei über Qek Junior bis zur HP-Serie: 350, 400, 450, 500, 700. Der Qek Junior ist der einzige Wohnwagen, den ein Trike ziehen kann. Die Qeks boomen auch darum.
Die meisten Ersatzteile kommen online an den Mann, in Deutschland wird innerhalb von 24 Stunden, europaweit in zwei (Werk-)Tagen geliefert. Dazu gibt es den klassischen Shop in Obergoseln. Neben Ersatzteilen für Auflaufeinrichtungen und Achsen bekommt man hier Kotflügel, Bowdenzüge und Lichttechnik für alle gängigen Anhänger, Anhängerkupplungen, Fahrradträger und vieles mehr. Der Werkstattservice reicht von Achsreparaturen über Auflaufeinrichtungen bis zu Hauptuntersuchungen und Anhängerverleih. Und was nicht am Lager ist? Häufig gehen per Handy oder E-Mail Fotos ein. Könnt Ihr das liefern? Manchmal gleich, oft muss es –namentlich bei den DDR-Anhängern – nachgebaut werden. Antwort prinzipiell: Ja, können wir!